Tag 18: Nasse Schuhe nach Skaun

Das Frühstück in Løkken Verk fällt eher spärlich aus. Bereits am Vortag hat man uns einen Laib Brot und diversen Aufstrich bereitgestellt. Einziges Problem: es gibt keine Messer, weder zum Brot schneiden noch zum selbiges schmieren. Schade, haben wir doch heute die längste Etappe unserer gesamten Tour auf dem Programm. Gegen 9:00 starten wir und ein benachbartes Sportgeschäft öffnet gerade. Ich rufe dem Inhaber, der gerade Kleiderständer auf die Straße schiebt , die Frage zu, ob er Sportstape hat, die er bejaht. Ich bepflastere mich praktischerweise direkt im Geschäft und wir laufen los. Das Tape bewirkt wahre Wunder.

Die Stecke heute führt zunächst an der Straße entlang, bevor wir diese verlassen und auf einem Schotterweg weiterlaufen und gut vorankommen. Für die ersten 9 km brauchen wir knapp 2 Stunden. Dann wird der Weg zum Pfad und es geht durch Hochmoore. Teilweise liegen Bohlen auf den sumpfigen Wegen, aber längst nicht überall, so dass unsere Schuhe bald durchweicht sind. Heute hätten wir mal besser Gummistiefel gehabt! Nach 3 Stunden haben wir mit 14 km etwa die Hälfte der Tagesstrecke hinter uns und machen an einem See Pause. Zum Baden läd dieser heute nicht ein, denn es windet stark und nieselt etwas. Weiter durch mehr sumpfiges Moorland und bald sind die Schuhe innen genauso nass wie aussen.

Tag 17: Verwandtschaftstreffen auf dem Weg nach Løkken Verk

Über Nacht sind unsere Sachen glücklicherweise getrocknet, so dass wir in trockne Schuhe schlupfen können. Wir erfahren von Rolf Løvseth, Kristins Onkel, dass Kristins Ururgroßmutter von dem Hof Segard Hoel stammt, in dem wir heute übernachtet haben. Witziger Gedanke, dass Kristin vielleicht in dem gleichen Bett geschlafen hat, wie ihre UrUrgroßmutter (ja, die Betten waren sooo alt).

Gegen 10:00 wandern wir los, der erste Tag auf dem Pilgerweg nach Trondheim. Der Weg ist leicht zu gehen, ganz anders als bisher, als wir in den Bergen unterwegs waren. Wir haben uns heute mit Rolf, Kristins Onkel verabredet. Er wohnt in der Nähe von Meldal, wo wir heute durchkommen, und hat vorgeschlagen, dass wir uns an der Kirche dort treffen. So haben wir die Gelegenheit, auf dem Friedhof bei die Kirche die Ahnen von Kristins Familie väterlicherseits zu Besuchen (besser gesagt deren Grabstätten). Anschliessend hat Rolf im Garten des (unbewohnten) Pfarrhauses ein Lunch mit Muffins, Eis, Kaffee und Fanta für uns vorbereitet. Wirklich sehr nett und wir sind fast 2 Stunden dort, bis wir uns wieder auf den Weg machen.

Die Strecke ist recht hübsch aber nicht sehr spektakulär. Die letzten 5 km nach Løkken Verk gehen wir auf dem Radweg neben der Strasse her, nicht sehr spannend. Um 17:15 kommen wir an Bergmanns Kro in Løkken Verk an, gerade noch rechtzeitig, um Abendessen zu bestellen (Fischsuppe und Shrimpssalat – der erste Salat seit über 2 Wochen!!), da das Restaurant des Hotels um 18:00 schliesst. Heute haben wir ein Familienzimmer, d.h. Doppelbett mit zusätzlichem Schlafsofa. Das hat leider nur ca. 1,60 m Länge, aber Kristin hat sich freiwillig gemeldet, um dort zu schlafen … na dann gute Nacht.

Tag 16: Im Regen nach Å i Meldal

Wir frühstücken kurz nach 8 zusammen mit den 3 älteren Norwegern, die länger unterwegs sind, und der deutsch/norwegischen Familie, die gestern die gleiche Strecke wie wir gewandert sind. Mehr Gäste sind nicht auf der Hütte, ungewöhnlich wenig für die Jahreszeit, zu der die Hütte gewöhnlich mit 50-100 Gästen belegt ist. Unklar, ob er an der Tatsache liegt, dass man entgegen früheren Zeiten dieses Jahr vorbestellen muss, oder am schlechten Wetter.

Gestern Abend fing es bereits an zu regnen und hörte bis jetzt nicht auf. Dementsprechend nass ist es draußen. Wir haben eine relativ leichte Strecke vor uns. 12 km auf einem Feldweg bergab, dann 3 km durch einen urigen Wald/Sumpf und dann nochmals 7 km bis wir im Ort mit dem kürzesten Namen in ganz Norwegen kommen: Å.

Ort ist eigentlich zuviel gesagt, eigentlich besteht Å aus ein paar Häusern, einer Tankstelle, einem kleinen Laden (in Kombination mit Apotheken und Post). Das wars. Fast! Denn neben dem Laden gibt es ein kleines Café mit leckerem Kakao und Waffeln.

In Å treffen wir auch wieder auf den Olavsweg, dem wir jetzt bis Trondheim folgen werden. Die Übernachtungsmöglichkeit vor Ort, „Segard Hoel“ bietet keine Mahlzeiten an, sodass wir uns im Laden für Abendessen und Frühstück eindecken, bevor wir die letzten zwei km zur Unterkunft laufen.

15. Tag: Locker zur Jøldalshytta

Heute steht mit 21km mal wieder eine längere Etappe auf dem Programm. Das Wetter soll ab 16:00 schlecht werden und dann wollen wir am Ziel sein. Da die Gjevilvasshytte Vollpension hat sparen wir uns die Zeit für abwaschen und ausfegen und sind kurz nach 9:00 abflugbereit. Das Fußgelenk, das nach den 6 km gestern recht angeschwollen ist, wird mit Sportstape verarztet (unser Tischnachbar, ein früherer Profiradler und jetzt Orientierungsläufer zeigt mir wie). Hilft wirklich, das Gelenk fühlt sich um einiges stabiler an).

Die Strecke beginnt mit einem Anstieg von fast 300 Höhenmeter, was mit einem erfrischenden Bad im See belohnt wird. Danach recht eben bis zu einem Fluss, der die Hälfte der heutigen Strecke markiert. Rast mit erneuter Badepause. Dann ungemütlichem Tempo zur Hütte, wo Kristin und Peik schon eine Zeit lang warten. Heute ging unter den gegebenen Umständen recht locker.

14. Tag: Leicht und kurz zur Gjevilvasshytta

Unser heutiges Programm gleicht fast einem Ruhetag. Von Dindalshytte zur Gjevilvasshytte sind es zwar fast 30 km, der Hauptteil davon ist aber entlang einer Bundesstraße bzw. einer viel befahrenen Schotterstraßen und für diesen Teil hatten wir uns bereits bei der Planung für Taxi entschieden. Zunächst aber warten noch 6 km auf einem Almweg auf uns. Wir verlassen die Dirdalshütte gegen Mittag denn wir haben keine Eile.

Die Dirdalshütte war übrigens recht speziell: erbaut 1936 als Privathütte von einem Künstler, der die Berge ebenso liebte wie Antiquitäten ( daher hatte er viele solcher in seiner Hütte). Außerdem war er äußerst gastfreundlich und hat alle Wanderer, die an seiner Hütte vorbeikamen, zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Nach seinem Tode 1961 hat er die Dirdalshütte dem Touristenverein Trondheim vermacht, der sie seither betreibt. Sie ist heute noch fast wie 1961 – urig!

Der Almweg schlängelt sich malerisch ins Tal, am Wegesrand plätschert ein Bach und es blühen viele Wiesenblumen, welche Insekten anziehen, was Peik erfreut. Er lässt sich Zeit, wir ebenso, und mittlerweile ist es sommerlich warm ( 25 Grad, eine Steigerung um 20 Grad seit dem Vortag!) so dass wir wieder im Bach baden.

Es ist fast 1500 als wir am Ende des Almwegs das Taxi bestellen, das uns zur nächsten Hütte bringt. Dort angekommen genießen wir Waffeln mit Marmelade, die Sonne, die Aussicht auf den See und bringen endlich den Reisebericht aufs laufende. Entsprechend nach der langen Etappe gestern!!

13. Tag: Eisbad auf dem Weg zur Dindalshütte

Heute wartet eine unserer längsten Etappen auf unsere, weshalb wir die Wecker auf 7:00 stellen, um etwas früher los zu kommen. Tatsächlich sind wir gegen 8:45 klar zum Aufbruch. Zunächst bei der Hütte über Steine am Fluss, dann bergauf. Das Wetter wird zusehends besser und läd zum Baden ein. Zuerst an einem recht großen See und kurze Zeit später an einem spektakulären Kleineren, an dem auf beiden Seiten Schneefelder bis ins Wasser ragen und in dem ein kleiner Eisberg schwimmt. Wir machen viel Photos, bevor wir wieder weitergehen. Die weitere Landschaft ist nicht weniger spektakulär, über Bäche, Schneefelder und angenehm zu gehende Wege. Peik entdeckt mit seinen Adleraugen Schneehühnen und wilde Rentiere (sehr scheu) und nimmt sich Zeit zum Photographieren. Das letzte Stück führt steil Begab und ich rutsche auf den glatten Fels aus und lege mich auf den Hosenboden. Nicht gut. Schmerz im linken Fußgelenk. Weiter geht es langsam und vorsichtig.
Peik ist schon eine Weile aus unserer Sichtweite verschwunden, die Aussicht auf tiefer gelegene Landschaft mit Schmetterlingen lockt.
Als Kristin und ich auf einen Weg treffen, ziehe ich Peiks Turnschuhe an und wackle weiter. Kristin geht mit dem Hüttenschlüssel vor, damit Peik nicht zu lange an der geschlossenen Hütte warten muss.

12. Tag: Moschussafari zur Årmotdalshytta

Die Etappe heute ist eine der kürzesten unserer Wanderung sodass wir uns nicht so beeilen loszukommen. Das Wetter ist ungemütlich, die Wolken hängen tief und hin und wieder nieselt es. 

Kurz nach dem Frühstück kommt ein Jäger mit Gewehr auf die Hütte. Ungewöhnlich für diese Jahreszeit, denn für die Jagdsaison ist es noch viel zu früh. Er ist von der Wildverwaltung und verantwortlich für den Bestand der Moschusrinder hier auf dem Dovre. Er wurde von einem Wanderer über einen verletzten Ochsen informiert und muss jetzt entscheiden, ob er weiterleben kann oder nicht. Der Mann ist ein lebendes Lexikon und in der nächsten halben Stunde erfahren wir vieles über die Geschichte und Lebensgewohnheiten dieser zotteligen Gesellen. 

Bevor wir aufbrechen „drücken“ wir die Dosen flach, die wir geleert haben (das erleichtert den Abtransport des Abfalls, der hier im Winter mit dem Motorschlitten abgeholt wird). Auf dieser Hütte haben sie dazu extra einen Hackklotz und einen riesigen Holzhammer, was sich prima zum Bildermachen eignet. 
Als wir aufbrechen wollen entdeckt Peik 4 Moschusrinder auf dem Bergrücken In rund 1 km Entfernung. Wir lassen die Rucksäcke stehen, bewaffnen uns mit Kamera und Fernglas und ziehen los, um die Tiere nochmals zu beobachten und zu photopgraphen. Dann endlich machen wir uns auf die heutige kurze Etappe, zuerst ein Tal entlang und dann ein kurzer aber knackiger Anstieg auf einen Bergsattel. Von dort aus haben wir prima Ausblicke sowohl in die Richtung, aus der wir kommen, als auch in das Tal, in dem wir den Est von heute und morgen wandern wollen.
Die Rast fällt kurz aus und unmittelbar neben dem Rastplatz treffen wir auf Tierknochen, der Größe nach entweder von einem Moschusrind oder einen Rentier.
Der Restweg führt leicht bergab und ist angenehm zu bewältigen und bald kommt die Åmotdalshytta in Sichtweite, unserem heutigen Ziel.
Heute sind wir alleine auf der Hütte, nachdem zwei junge Wanderer aus Polen, die zum Essen hier waren, wieder zum Zelten aufbrechen.

11. Tag: Erste Moschusrinder in Reinheim

Die Nacht war prima – Hotellbetten. Auch das Frühstück verwöhnt uns mit Spiegelei und Speck, Brötchen und Geräuchertem Lachs. Als wir gegen 10:30 aufbrechen nieselt es leicht, was sich aber schnell gibt. So entledigen wir uns beim Aufstieg dem einen Kleidungsstück nach dem anderen. Als wir auf der Ebene ankommen halten wir Ausschau nach Moschusochsen, die hier auf dem Dovrefjell zu Hause sind. 

Hier gibt es einen Bestand von etwa 200 Tieren. Sie leben in kleineren Herden von 5-20 Tieren zusammen. Wenn im Frühling viele Kälber geboren werden, wird versucht, den Bestand wieder zu reduzieren, da das Gebiet, in dem sie leben, keinen höheren Bestand zulässt. Geschossen wird dann immer die gesamte Herde, um zu vermeiden, dass die eventuell Überlebenden Angst vor Menschen bekommen, und sich nicht mehr so leicht jagen lassen. 

Auf dem Weg nach Reinheim liegen kurz vor der Hütte zwei verlockende Seen und ich nutze ein paar Sonnenstrahlen am Zweiten zu einem kurzen Bad. Frostig. 

Peik legt seinen Rucksack ab und jagt Schmetterlinge während Kristin und ich die letzten Meter zur Hütte gehen und uns dort davor in die Sonne setzen. Von Peik ist die weit und breit nichts zu sehen. Als aus seiner Richtung nach über eineinhalb Stunden der Hüttenwart auftaucht, erfahren wir, dass er Peik getroffen hat, und ihm sein Fernglas geliehen hat, weil Peik Moschusochsen entdeckt hatte und beobachten wollte. 

Nach über zwei Stunden ziehen dunkle Wolken auf und Peik schafft es gerade noch rechtzeitig vor dem Regen zur Hütte. Stolz zeigt uns Peik seine Photos und nach dem Abendessen machen wir uns nochmal zur Moschussafari in die Richtung auf, in der Peik die Tiere gesichtet hatte. Tatsächlich werden wir fündig und treffen auf eine Mutter mit Kalb sowie 2 Halbwüchsigen. Sie sind auf dem Weg direkt auf uns zu, als sie uns aber entdecken, halten sie innen. Wir wollen sie nicht stören und gehen zurück zur Hütte. Schlafenszeit!! 

10. Tag: Auf dem alten Königsweg nach Kongsvold

Heute besteht das Frühstück aus Mitgebrachtem. In unserer Hütte sind noch zwei weitere Wanderer untergebracht, die beide den Olavsweg nach Trondheim pilgern. Um 9:45 verabschieden wir Nikolaus, Mikkel und Madeleine, die heute mit dem Zug zurück nach Oslo fahren.

Kristin, Peter und Peik wollen die restlichen ca. 200 km nach Trondheim laufen. Die heutige Etappe nach Kongsvoll ist mit knapp 16 km vergleichsweise kurz und einfach. Nach einigen Km Schotter- und Asphaltstraße erreichen wir die Eysteinkirche. Von außen erinnert sie ein wenig an die Eiskatetrale in Tromsø, innen ist sie schön schlicht ( erbaut 1969).
Von dort aus geht es auf dem alten Königsweg erst steil, dann abflachend bergauf, bis wir am höchsten Punkt des Olavsweges stehen.
Würden wir den Pilgerweg folgen wären es noch 208 km nach Trondheim. Wir haben aber vor, über die Berge (Dovre und Trollheimen) zu wandern und werden erst auf den letzten 4 Tagen unserer Wanderung wieder auf den Olavsweg treffen und diesem vollends nach Trondheim folgen.
Nach knapp 21.000 Schritten u.a. Über einen weiteren Bergrücken erreichen wir unser Tagesziel Kongsvoll recht früh gegen 14:30. Dort warten eine heiße Dusche, eine Stärkung in der Cafeteria und ein kurzer Mittagsschlaf. Nach dem leckeren Abendessen (Bruscetta mit Lachs, Lamm mit Gemüse und Kartoffeln, und Karamellpudding zum Dessert) ruhen wir unsere müden Knochen im Kaminzimmer aus.

9. Tag: Moschusburger auf dem Weg zur Moskusstugan

Die Nacht war lang und prima – so wie das Frühstück. Inzwischen haben sich auch die meisten Wolken verzogen als wir uns um 1020 mit dem obligatorischen Photo von der Grimsdalshytte verabschieden. Die ersten 5 km steigt der Weg an, zunächst recht steil, allmählich flacher werdend. An der höchsten Stelle rasten wir und warten auf Peik, der reichlich Photos von Schmetterlingen gemacht hat und daher etwas zurückgefallen war. Gemütlich bergab nähern wir uns Hageseter, wo wir einkehren wollen, da unsere heutige Übernachtungsstelle kein Essen anbietet. Ich esse leckere Forelle, des Rest isst Moschusburger. In Dovre-Gebirge lebt die mit 150 Tieren größte Wildmoschusherde Nordeuropas. Kommen im Frühjahr Tiere hinzu, werden etwa 30 gejagt und vom lokalen Metzger zu Hackfleisch verarbeitet-sonst wäre das Gebiet nicht groß genug und die Tiere würden das zum Leben geeignete Gebiet verlassen.
Nach dem Essen werden Nikolaus, Madeleine und Mikkel mitsamt allen Rucksäcken vom Betreiber unserer heutigen Übernachtungsstelle abgeholt, der Rest läuft die restlichen ( wenig attraktiven weil in Hörweite der Autobahn gelegene) Stecke zur Moskusstugan. Eine gemütliche Unterkunft, zwar ohne Verpflegung aber dafür mit prima Zimmern, warmen Duschen und – wahrer Luxus – einer Waschmaschine!!!