Nachbetrachtungen

Die harten Fakten sind:

  • 399,7 km
  • 8679 Höhenmeter
  • 20 Tage (keine Ruhetag, aber Tag 14. mit nur 6 km)
  • Gehzeit 89 Stunden und 50 min
  • Durchschnittlich 4,3 km/h

Die weichen (und subjektiven) Fakten sind:

  • Leichtes Gepäck war angenehm (10 kg, inkl. Vesper und 1/2 l H2O)
  • Verpflegungen von den Hütten gut (nach 20 Tagen etwas eintönig)
  • Rucksacküberzug ist das Mehrgewicht von 91g wert, da der Rucksack nicht so durchnässt wie ohne
  • Gamaschen sind topp (bei Regen und über Bäche)
  • „Hvor?“-App zur Navigation ist topp (hatten Papierkarten zwar dabei aber nicht gebraucht)
  • Crogs für abends/nachts/baden prima, sonst wären Joggingschuhe besser, weil man mit denen zur Not auch laufen kann (bei Blasen etc).
  • die halbhohen Schuhe haben seitliche Blasen verursacht
  • Lavrans-T-Shirts (teilweise Bambus) sind eine Wucht, Socken ebenso
  • „Lars Monsen“-Unterhosen sind das Non-plus-ultra
  • Stöcke sind insbesondere bergauf, -ab und über Bäche sehr angenehm, aber um Blasen an den Händen zu vermeiden am besten in Kombination mit Fahrrad-Handschuhen (dünn, lang)

20. Tag: Im Sonnenschein ans Ziel nach Trondheim

Wir stehen früh auf denn wir wollen noch bei Toril und Jürgen zum Kaffee vorbei und nicht zu spät bei Peiks neuem zu Hause angekommen. Nach kurzem Abschiedsfoto in der wunderbaren Herberge begeben wir uns auf die letzte Etappe unserer Reise nach Trondheim.

Es sind nur noch etwa 20 km zum Statt Zentrum und die Ausfallstraßen werden mehr gleichzeitig werden die Wald und Wiesenwege immer seltener. So gehen wir auch heute die ersten 3 km entlang einer viel befahrenen Straße auf Asphalt was nicht sehr viel Spaß macht. Der heutige letzte Tag unserer Wanderung ist auch gleichzeitig der wärmste. Die Sonne brennt und es hat circa 25°. Der nächste Weg Abschnitt für Steilberg auf was in der Hitze recht anstrengend. Bald wird es jedoch idyllischer es geht in den Wald und es wird schattig. Jetzt gehen wir quasi durch Kristins Vorgarten und sie kennt viele der Stätten, an denen wir vorbeikommen, aus ihrer Jugend. Um kurz vor 13:00 Uhr sind wir beim Aussichtspunkt Lian, gleichzeitig die in Endstation der Straßenbahn. Dort kehren wir kurz ein und genießen sowohl die Aussicht als auch eine kalte Cola. Bis zu Kristins Eltern, sind es nur noch etwa 2 km. Unmittelbar davor kommen wir an einem Badesee vorbei und ich kann der Versuchung nicht widerstehen. Eine kurze Abkühlung, bevor wir auf der Terrasse von Kristins Elternhaus mit Boller, Kuchen, Saft und Kaffee verwöhnt werden.

Eineinhalb Stunden später machen wir uns auf den Restweg. Jetzt sind es ungefähr noch 5 km bis ins Stadtzentrum Und der Weg dorthin führt erst gemächlich dann relativ steil bergab. Erste Station im Stadtzentrum ist unser Hotel, wo Kristin und ich unsere Rucksäcke abliefern. Dann ein paar Meter weiter zum Nidarosdom, dem Endpunkt des Pilgerweges, an dem wir das obligatorische Zielphoto machen. Letztendlich laufen wir über die Brücke zu Peiks Studentenwohnung, in der er voraussichtlich die nächsten fünf Jahre während seines Studiums in Trondheim wohnen wird. Wir übergeben ihm die Schlüssel und mit dem Aufschließen der Haustür haben wir unser Ziel erreicht.

Unser Kilometerzähler bleibt bei 399 km und 440 m stehen – die gesamte Gehzeit während der letzten 20 Tage betrug circa 85 Stunden.

Tag 19: Gepäcklos nach Sundet Gård

Gepäcklos? Ja, richtig gelesen. Die Übernachtungsmöglichkeit in Skaun, unserem gestrigen Ziel, hatte wegen Covid-19 geschlossen. Also hat der Wirt den nächsten Etappenziels, Sundet Gård, den Pilgern angeboten, uns gestern Abend in Skaun abzuholen, in Sundet Gård übernachten zu lassen, und uns heute früh wieder nach Skaun zurück zu bringen, sodass wir die Etappe ( 18,5 km) bis Sundet Gård laufen können. Gepäcklos! Tolles Angebot, das wir dankbar annehmen. Ganz gepäcklos geht’s nicht, wir packen einen Rucksack mit Regenklamotten, Vesper und Getränke und fahren los.

Zurück in Skaun geht der Weg zunächst recht steil bergauf, dann wieder durch die-hoffentlich letzten- Moorlandschaften bevor wir auf einer Bergabstrecke das erste Mal das Meer sehen. Vesperzeit! Anschließend wenig spektakulär durch Wohngebiete und an schluss nochmal ein Stück an Fjord entlang, bevor wir in einen weiteren Genuss kommen, den der Wirt von Sundet Gård anbietet: er rudert die Pilger 10 Minuten über den Fluss Gaula, der hier in den Fjord mündet, und erspart Ihnen dadurch 2 km Umweg auf Asphalt! Prima. Auf der anderen Seite angekommen gönne ich mir ein kurzes Bad im Fluss und anschließend eine warme Dusche in Sundet Gård.

Kristins Tante Anne wohnt in Klett, ganz in der Nähe von Sunde Gård. Da wir nicht sehr mobil sind und der 5km Fußmarsch (ein Weg) uns Zuviel sind, laden wir sie kurzerhand ein, zu unserer Übernachtungsstette zu kommen und wir genießen die Mittlerweile scheinende Sonne auf der Terrasse.

Das Abendessen – Reis mit Hähnchenragout und Salat, sowie eingelegte Birnen zum Nachtisch – schmeckt prima und nach Gepaudere mit unseren beiden deutschen Mitpilgern ist es Bettzeit. Morgen wartet der Zieleinlauf auf uns, die letzten 21 km nach Trondheim.


Tag 18: Nasse Schuhe nach Skaun

Das Frühstück in Løkken Verk fällt eher spärlich aus. Bereits am Vortag hat man uns einen Laib Brot und diversen Aufstrich bereitgestellt. Einziges Problem: es gibt keine Messer, weder zum Brot schneiden noch zum selbiges schmieren. Schade, haben wir doch heute die längste Etappe unserer gesamten Tour auf dem Programm. Gegen 9:00 starten wir und ein benachbartes Sportgeschäft öffnet gerade. Ich rufe dem Inhaber, der gerade Kleiderständer auf die Straße schiebt , die Frage zu, ob er Sportstape hat, die er bejaht. Ich bepflastere mich praktischerweise direkt im Geschäft und wir laufen los. Das Tape bewirkt wahre Wunder.

Die Stecke heute führt zunächst an der Straße entlang, bevor wir diese verlassen und auf einem Schotterweg weiterlaufen und gut vorankommen. Für die ersten 9 km brauchen wir knapp 2 Stunden. Dann wird der Weg zum Pfad und es geht durch Hochmoore. Teilweise liegen Bohlen auf den sumpfigen Wegen, aber längst nicht überall, so dass unsere Schuhe bald durchweicht sind. Heute hätten wir mal besser Gummistiefel gehabt! Nach 3 Stunden haben wir mit 14 km etwa die Hälfte der Tagesstrecke hinter uns und machen an einem See Pause. Zum Baden läd dieser heute nicht ein, denn es windet stark und nieselt etwas. Weiter durch mehr sumpfiges Moorland und bald sind die Schuhe innen genauso nass wie aussen.

Tag 17: Verwandtschaftstreffen auf dem Weg nach Løkken Verk

Über Nacht sind unsere Sachen glücklicherweise getrocknet, so dass wir in trockne Schuhe schlupfen können. Wir erfahren von Rolf Løvseth, Kristins Onkel, dass Kristins Ururgroßmutter von dem Hof Segard Hoel stammt, in dem wir heute übernachtet haben. Witziger Gedanke, dass Kristin vielleicht in dem gleichen Bett geschlafen hat, wie ihre UrUrgroßmutter (ja, die Betten waren sooo alt).

Gegen 10:00 wandern wir los, der erste Tag auf dem Pilgerweg nach Trondheim. Der Weg ist leicht zu gehen, ganz anders als bisher, als wir in den Bergen unterwegs waren. Wir haben uns heute mit Rolf, Kristins Onkel verabredet. Er wohnt in der Nähe von Meldal, wo wir heute durchkommen, und hat vorgeschlagen, dass wir uns an der Kirche dort treffen. So haben wir die Gelegenheit, auf dem Friedhof bei die Kirche die Ahnen von Kristins Familie väterlicherseits zu Besuchen (besser gesagt deren Grabstätten). Anschliessend hat Rolf im Garten des (unbewohnten) Pfarrhauses ein Lunch mit Muffins, Eis, Kaffee und Fanta für uns vorbereitet. Wirklich sehr nett und wir sind fast 2 Stunden dort, bis wir uns wieder auf den Weg machen.

Die Strecke ist recht hübsch aber nicht sehr spektakulär. Die letzten 5 km nach Løkken Verk gehen wir auf dem Radweg neben der Strasse her, nicht sehr spannend. Um 17:15 kommen wir an Bergmanns Kro in Løkken Verk an, gerade noch rechtzeitig, um Abendessen zu bestellen (Fischsuppe und Shrimpssalat – der erste Salat seit über 2 Wochen!!), da das Restaurant des Hotels um 18:00 schliesst. Heute haben wir ein Familienzimmer, d.h. Doppelbett mit zusätzlichem Schlafsofa. Das hat leider nur ca. 1,60 m Länge, aber Kristin hat sich freiwillig gemeldet, um dort zu schlafen … na dann gute Nacht.

Tag 16: Im Regen nach Å i Meldal

Wir frühstücken kurz nach 8 zusammen mit den 3 älteren Norwegern, die länger unterwegs sind, und der deutsch/norwegischen Familie, die gestern die gleiche Strecke wie wir gewandert sind. Mehr Gäste sind nicht auf der Hütte, ungewöhnlich wenig für die Jahreszeit, zu der die Hütte gewöhnlich mit 50-100 Gästen belegt ist. Unklar, ob er an der Tatsache liegt, dass man entgegen früheren Zeiten dieses Jahr vorbestellen muss, oder am schlechten Wetter.

Gestern Abend fing es bereits an zu regnen und hörte bis jetzt nicht auf. Dementsprechend nass ist es draußen. Wir haben eine relativ leichte Strecke vor uns. 12 km auf einem Feldweg bergab, dann 3 km durch einen urigen Wald/Sumpf und dann nochmals 7 km bis wir im Ort mit dem kürzesten Namen in ganz Norwegen kommen: Å.

Ort ist eigentlich zuviel gesagt, eigentlich besteht Å aus ein paar Häusern, einer Tankstelle, einem kleinen Laden (in Kombination mit Apotheken und Post). Das wars. Fast! Denn neben dem Laden gibt es ein kleines Café mit leckerem Kakao und Waffeln.

In Å treffen wir auch wieder auf den Olavsweg, dem wir jetzt bis Trondheim folgen werden. Die Übernachtungsmöglichkeit vor Ort, „Segard Hoel“ bietet keine Mahlzeiten an, sodass wir uns im Laden für Abendessen und Frühstück eindecken, bevor wir die letzten zwei km zur Unterkunft laufen.

15. Tag: Locker zur Jøldalshytta

Heute steht mit 21km mal wieder eine längere Etappe auf dem Programm. Das Wetter soll ab 16:00 schlecht werden und dann wollen wir am Ziel sein. Da die Gjevilvasshytte Vollpension hat sparen wir uns die Zeit für abwaschen und ausfegen und sind kurz nach 9:00 abflugbereit. Das Fußgelenk, das nach den 6 km gestern recht angeschwollen ist, wird mit Sportstape verarztet (unser Tischnachbar, ein früherer Profiradler und jetzt Orientierungsläufer zeigt mir wie). Hilft wirklich, das Gelenk fühlt sich um einiges stabiler an).

Die Strecke beginnt mit einem Anstieg von fast 300 Höhenmeter, was mit einem erfrischenden Bad im See belohnt wird. Danach recht eben bis zu einem Fluss, der die Hälfte der heutigen Strecke markiert. Rast mit erneuter Badepause. Dann ungemütlichem Tempo zur Hütte, wo Kristin und Peik schon eine Zeit lang warten. Heute ging unter den gegebenen Umständen recht locker.

14. Tag: Leicht und kurz zur Gjevilvasshytta

Unser heutiges Programm gleicht fast einem Ruhetag. Von Dindalshytte zur Gjevilvasshytte sind es zwar fast 30 km, der Hauptteil davon ist aber entlang einer Bundesstraße bzw. einer viel befahrenen Schotterstraßen und für diesen Teil hatten wir uns bereits bei der Planung für Taxi entschieden. Zunächst aber warten noch 6 km auf einem Almweg auf uns. Wir verlassen die Dirdalshütte gegen Mittag denn wir haben keine Eile.

Die Dirdalshütte war übrigens recht speziell: erbaut 1936 als Privathütte von einem Künstler, der die Berge ebenso liebte wie Antiquitäten ( daher hatte er viele solcher in seiner Hütte). Außerdem war er äußerst gastfreundlich und hat alle Wanderer, die an seiner Hütte vorbeikamen, zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Nach seinem Tode 1961 hat er die Dirdalshütte dem Touristenverein Trondheim vermacht, der sie seither betreibt. Sie ist heute noch fast wie 1961 – urig!

Der Almweg schlängelt sich malerisch ins Tal, am Wegesrand plätschert ein Bach und es blühen viele Wiesenblumen, welche Insekten anziehen, was Peik erfreut. Er lässt sich Zeit, wir ebenso, und mittlerweile ist es sommerlich warm ( 25 Grad, eine Steigerung um 20 Grad seit dem Vortag!) so dass wir wieder im Bach baden.

Es ist fast 1500 als wir am Ende des Almwegs das Taxi bestellen, das uns zur nächsten Hütte bringt. Dort angekommen genießen wir Waffeln mit Marmelade, die Sonne, die Aussicht auf den See und bringen endlich den Reisebericht aufs laufende. Entsprechend nach der langen Etappe gestern!!

13. Tag: Eisbad auf dem Weg zur Dindalshütte

Heute wartet eine unserer längsten Etappen auf unsere, weshalb wir die Wecker auf 7:00 stellen, um etwas früher los zu kommen. Tatsächlich sind wir gegen 8:45 klar zum Aufbruch. Zunächst bei der Hütte über Steine am Fluss, dann bergauf. Das Wetter wird zusehends besser und läd zum Baden ein. Zuerst an einem recht großen See und kurze Zeit später an einem spektakulären Kleineren, an dem auf beiden Seiten Schneefelder bis ins Wasser ragen und in dem ein kleiner Eisberg schwimmt. Wir machen viel Photos, bevor wir wieder weitergehen. Die weitere Landschaft ist nicht weniger spektakulär, über Bäche, Schneefelder und angenehm zu gehende Wege. Peik entdeckt mit seinen Adleraugen Schneehühnen und wilde Rentiere (sehr scheu) und nimmt sich Zeit zum Photographieren. Das letzte Stück führt steil Begab und ich rutsche auf den glatten Fels aus und lege mich auf den Hosenboden. Nicht gut. Schmerz im linken Fußgelenk. Weiter geht es langsam und vorsichtig.
Peik ist schon eine Weile aus unserer Sichtweite verschwunden, die Aussicht auf tiefer gelegene Landschaft mit Schmetterlingen lockt.
Als Kristin und ich auf einen Weg treffen, ziehe ich Peiks Turnschuhe an und wackle weiter. Kristin geht mit dem Hüttenschlüssel vor, damit Peik nicht zu lange an der geschlossenen Hütte warten muss.

12. Tag: Moschussafari zur Årmotdalshytta

Die Etappe heute ist eine der kürzesten unserer Wanderung sodass wir uns nicht so beeilen loszukommen. Das Wetter ist ungemütlich, die Wolken hängen tief und hin und wieder nieselt es. 

Kurz nach dem Frühstück kommt ein Jäger mit Gewehr auf die Hütte. Ungewöhnlich für diese Jahreszeit, denn für die Jagdsaison ist es noch viel zu früh. Er ist von der Wildverwaltung und verantwortlich für den Bestand der Moschusrinder hier auf dem Dovre. Er wurde von einem Wanderer über einen verletzten Ochsen informiert und muss jetzt entscheiden, ob er weiterleben kann oder nicht. Der Mann ist ein lebendes Lexikon und in der nächsten halben Stunde erfahren wir vieles über die Geschichte und Lebensgewohnheiten dieser zotteligen Gesellen. 

Bevor wir aufbrechen „drücken“ wir die Dosen flach, die wir geleert haben (das erleichtert den Abtransport des Abfalls, der hier im Winter mit dem Motorschlitten abgeholt wird). Auf dieser Hütte haben sie dazu extra einen Hackklotz und einen riesigen Holzhammer, was sich prima zum Bildermachen eignet. 
Als wir aufbrechen wollen entdeckt Peik 4 Moschusrinder auf dem Bergrücken In rund 1 km Entfernung. Wir lassen die Rucksäcke stehen, bewaffnen uns mit Kamera und Fernglas und ziehen los, um die Tiere nochmals zu beobachten und zu photopgraphen. Dann endlich machen wir uns auf die heutige kurze Etappe, zuerst ein Tal entlang und dann ein kurzer aber knackiger Anstieg auf einen Bergsattel. Von dort aus haben wir prima Ausblicke sowohl in die Richtung, aus der wir kommen, als auch in das Tal, in dem wir den Est von heute und morgen wandern wollen.
Die Rast fällt kurz aus und unmittelbar neben dem Rastplatz treffen wir auf Tierknochen, der Größe nach entweder von einem Moschusrind oder einen Rentier.
Der Restweg führt leicht bergab und ist angenehm zu bewältigen und bald kommt die Åmotdalshytta in Sichtweite, unserem heutigen Ziel.
Heute sind wir alleine auf der Hütte, nachdem zwei junge Wanderer aus Polen, die zum Essen hier waren, wieder zum Zelten aufbrechen.