Wir stehen früh auf um früh zum Bahnhof zu kommen, so dass wir genügend Zeit haben, das Tandem in den Zug laden zu können. Als wir am Bahnhof ankommen zeigt unser Zug auf der anzeigentafel ein kleines Wörtchen : supprime. Google translate übersetzt das in „eingestellt“. Darunter die Nummer des Busses, der den Zug offensichtlich ersetzen soll. An den. Bushaltestellen vor dem Bahnhof sind wir mit einer Frau zusammen die Ersten die warten. Kurze Zeit später gesellt sich ein jüngerer Mann dazu, der gut englisch spricht und uns aufklärt: das Unwetter von gestern Abend war wohl so heftig, dass umgestürze Bäume die Schienen blockieren und statt dem Zug ein Bus fährt. Der fährt aber nicht nach Clermont-Ferrant (wie der Zug, den wir nehmen sollten), sondern hält vorher in einem kleinen Dorf. Ob wir von dort aus weiterkommen kann uns niemand sagen.
Als der Bus schließlich kommt stellen wir fest, dass der Transport des Tandems in dessen Gepäckraum nicht geht. So lassen wir ihn schweren Herzens ohne uns abfahren und überlegen was tun. Die letzte Möglichkeit erscheint ein Mietwagen, der groß genug für uns und unser Tandem ist. Das bekommen wir tatsächlich bei Budget direkt am Bahnhof. In der Tiefgarage bauen wir das Tandem soweit auseinander, dass es quer reinpasst (beide Räder raus, beide Satterstützen ab, und die Gabel ausbauen) und um kurz nach 10:00 sind wir auf der Straße unterwegs nach Paris (720 km, ca. 7 Stunden).
Die Fahrt nach Paris ist wie Fahrten auf Autobahnen meist: langweilig. Die einzige Abwechslung war die Suche nach dem Hotel, die sich als recht schwierig erweist. Nicht, weil es wegen der Olympiade keine freien Hotelzimmer mehr gibt, sondern weil wir uns in Paris nicht auskennen, daher nicht wissen, wo in der großen Stadt wir eigentlich unterkommen sollen, und weil wir versuchen, verschiedene Parameter wie so zentral wie möglich (kurzer Weg zu den Spielen und Sehenswürdigkeiten), so logistisch wie möglich (wir müssen bis 9:30 am nächsten Tag unseren Leihwagen abgeben, an einem Sonntag, an dem nur wenige der Avis-Stellen geöffnet haben, und wir wollen nicht quer durch die teilweise wegen Veranstaltungen gesperrte Straßen fahren), so vorausschauend wie möglich (in 3 Tagen fahren wir ja wieder mit dem Tandem Richtung Karlsruhe, also nach Osten, und wollen ja nicht quer durch die Stadt radeln) und so erreichbar wie möglich (nochmal: wegen einiger Veranstaltung ist die Stadt teilweise abgesperrt) gleichzeitig erfüllt werden. Wir telefonieren mit Pariskennern und buchen schließlich unser Hotel etwa eine Stunden vor unserer Ankunft, um 19:00. Auf den letzten Drücker!
Die Fahrt zum Hotel erweist sich als sehr kompliziert, denn (zum dritten Mal) die Stadt ist wegen einiger Veranstaltung teilweise abgesperrt. Google Maps ist damit hoffnungslos überfordert und so kreisen wir um das Hotel (2 min vom Louvre entfernt) sicher 45 min in cirka 1 km Entfernung, nur um an der nächsten Kreuzung wieder von einer mit Polizisten bemannten Strassensperre wieder in eine andere Richtung gelenkt zu werden, als Google uns anzeigt. Irgendwann haben wir den Spaß satt, parken das Auto auf einem Parkplatz und gehen zu Plan B über: Mikkel bringt Tandem und Gepäck zum Hotel, ich das Auto in ein Parkhaus. Dazu müssen wir erst mal das Tandem wieder zusammenbauen und das Gepäck verladen. Und was passiert just zu dem Zeitpunkt, als wir dazu aus dem Auto steigen: es beginnt zu schütten (zum ersten Mal unterwegs!). Wir werden zwar naß, aber der warme Regen ist auch irgenwo eine willkommene Erfrischung.
Mikkel zieht so mit Tandem und Gepäck los zum Hotel, ich suche ein Parkhaus. Und siehe da, während wir das Tandem zusammengebaut haben, wurden die Strassensperren soweit abgebaut, dass ich nun auch mit dem Auto zum Hotel fahren kann. Mikkel und ich kommen zeitgleich dort an und checken ein. Das Fahrrad können wir im Hotel unterstellen, so hat man es uns zumindest beim Anruf beim Buchen versprochen. Dass es ein Tandem ist habe ich bewusst verschwiegen und so findet es – statt im dafür vorgesehene Abstellraum – nur im Frühstücksraum Platz. Aber laut nettem Mann an der Rezeption „no problem“.
Als alles im Hotelzimmer verstaut ist, macht Mikkel ein Restaurant in der Nähe aus, wo wir leckere Pizza essen (Top 5 Pizza in our life). Kaum ist die Pizza serviert, kommt eine Gruppe Atlethen und Funktionäre ins Restaurant und setzt sich an den Nebentisch. Die Stimmung ist ausgelassen, es wir sich zugeprostet und lautstark erzählt und viel gelacht. Dem Dialakt nach Australier. Irgendwann öffnen einer den Reisverschluss seiner Trainingsjacke und zieht eine Medallie hervor: Gold! Ich zögere nicht, denke an Peik, der gerade in Autralien weil und frage, ob ich ein Selfie machen kann: nur zu! Ich frage noch welche Sportart und bekomme als Antwort: Tennis … Doppel. Der Doppelpartner sitzt – ebenfalls mit Gold behangen – auf der anderen Seiten des Tisches.
Später ergooglen wir die Namen des Atlethen: J. Peers. Wieder wird deutlich, dass hinter einer Medallie (und auch ohne eine Medallie) natürlich eine großartige individuelle Leistung steckt, die aber ohne eine Crew an Unterstützern in unterschiedlichsten Funktionen so nie möglich gewesen wäre. Umso schöner, wenn alle (oder zumindest einige) dieser Unterstützer nach erfolgreichem „Zieleinlauf“ dann so ausgelassen feiern können! Herzlichen Glückwunsch an ALLE!!!