Der Grund, weshalb wir eigentlich in Paris sind, ist um Mikkels Cousine Solveig anzufeuern, die bei der Triathlon Mixed Staffel für Norwegen startet. Der Triathlon Wettbewerb beginnt um 8:00 Uhr aber die Plätze hinter der Absperrung entlang der Strecke füllen sich viel früher. Um Chancen auf einen Platz in der ersten oder zweiten Reihe zu bekommen stehen wir vor 6:00 Uhr auf und treffen uns um etwa 6:30 Uhr mit dem Rest der Anfeuerungsgruppe: Solveigs Opa – der übrigens von Norwegen bzw. Kiel aus mit dem Fahrrad über 1000 km nach Paris geradelt ist!! – sowie ihre Geschwister, Mutter und eine ihrer besten Freundinnen. Sie waren schon um 6:00 vor Ort und stehen in der ersten Reihe direkt am Absperrgitter, wir direkt dahinter und können dank unserer Größe gut über sie einwegschauen.
Nach und nach kommen mehr und mehr Zuschauer, und als der Startschuss um 8:00 fällt, stehen sicher 8 Reihen hinter den Absperrungen und auch die kleine Mauer dahinter ist voller Menschen. Das Schwimmen können wir nur über den Schirm verfolgen, der am anderen Ende der Seine aufgebaut ist. Aber auch der sehr gute Live-Kommentator (Gott sei Dank größtenteils in Englisch), den wir Zuschauer über die überall aufgestellten Lautsprecher prima hören, hilft uns, das Rennen gut im Blick zu haben.
Bei der Mixed-Staffel im Triathlon gehen für jedes Land 4 Atlethen an den Start, Mann, Frau, Mann und abschließend wieder eine Frau. Jeder schwimmt 300m, fährt 7 km Fahrrad und läuft abschliessend 1,8km und klatsch dann den nächsten ab, die letzte läuft ins Ziel. Größter Favorit bei den diesjährigen Spielen ist Frankreich, die sowohl bei den Herren als auch bei den Damen bei den Einzelwettbewerben jeweils 2 Atlethen unten den ersten 4 hatten. Großbritannien und Deutschland stellen auch immer gute Teams, während sich Norwegen eher Aussenseiterchancen ausrechnet (wenn alles optimal läuft redet man eventuell über Bronze).
Der Startschuß fällt und 17 Sportler stürzen sich in die Seine. Diese ist vor der Olympiade aufwendig mit einer Wasseraufbereitungsanlage ertüchtigt geworden, um diese von der Wasserqualität her „schwimmbar“ zu machen. Trotzdem gab es immer wieder Probleme, besondern nach Regenfällen. Trainings fielen aus und der Männerwettbewerb mußte verschoben werden. Die Belgische Mannschaft tritt nicht an, da eine Ihrer Triathletinnen mit einer E-Coli-Infektion (vermeintlich aus dem Einzelrennen ein paar Tage zuvor) im Krankenhaus behandelt wird.
Nach dem Schwimmen gehen die Trinathleten recht geschlossen auf die 7km, die aus 2 Runden á 3,5 km bestehen. Unglücklicherweise stürzt der französische Radler recht früh im Rennen und hat anschliessend Probleme, die abgesprungene Kette wieder aufzulegen, wodurch er viel Zeit verliert und an den Schluß zurückfällt. Das wird schwer für den vermeintlichen Favoriten, selbst mit dieser starken Mannschaft.
Auch nach dem ersten Laufen liegt das Feld noch recht dicht zusammen, wird dann aber mehr und mehr auseinandergezogen. In Führung sind Großbritannien und Deutschland, die zusammen laufen. Für Norwegen schwimmt, radelt und läuft jetzt Lotte Miller, die anschließend an Kristian Blummenfeldt übergibt. Kristian hat von 3 Jahren in Tokyo Gold im Einzelwettbewerb gewonnen und ist seither on Norwegen ein Volksheld. Er läuft zwar stark aber mit der Medallienvergabe, das wird allmählich klar, hat Norwegen dieses Jahr nichts zu tun. An der Spitze des Feldes laufen Deutschland und Großbritannien weiterhin Seite an Seite. Frankreich hat sich mittlerweile ins vordere Mittelfeld herangekämpft und jedes mal, wenn ein Franzose vorbeiradelt oder vorbeiläuft wird er vom Publikum besonders lautstark angefeuert, aber ob das am Ende reicht?
Als Norwegische Schluß-Atlethin geht jetzt Solveig ins Wasser. Schwimmen ist ihr schwächste der 3 Disziplinen. Obwohl es nur über 300m geht, bietet die Seine mit ihren Strömungen kein idealen Voraussetzungen.
Aus dem Zweikampf an der Spitze wird ein Dreikampf, nachdem die amerikanische Triathletin während der Runde auf dem Rad zu Deutschand und Großbritannien aufschließen kann. Diese 3 Frauen kommen auch zusammen ein letztem Mal bei uns vorbei, bevor sie dann etwa 100 m weiter auf die Zielgerade abbiegen. Den Schlußspurt müssen wir über Videoleinwand und Lautsprecher verfolgen, aber es gibt Gold für Deutschland. Gratulation zu einer klasse Leistung. Für Solveig geht es am Ende mehr um eine gute Platzierung, im Ziel sind die Norweger schließlich 11. Für uns war es trotzdem ein echtes Highlight, ein Familienmitglied bei den olympischen Spielen anfeuern zu dürfen und für die Triathleten war die fantastische Stimmung entlang der Strecke sicher ein einmaliges Erlebnis.
Nach dem Rennen strömen alle Zuschauer weg von der Strecke und wir bleiben eine gute Weile im Schatten sitzen, bis die Menschenmenge allmählich kleiner wird. So werden wir noh Zeuge der Medallienzeremonie mit deutscher Nationalhymne, für mich das erste Mal live quasi „im Stadion“ von Paris. Klasse.
Wir fahren zurück ins Hotel und auf dem Weg dorthin noch in ein Café, um zu frühstücken (das frühe Frühstück fiel heute aus, da wir ja schon sehr früh aufgebrochen sind). Danach wird sowohl Schlaf als auch Bloggen nachgeholt.
Am Nachmittag und Abend wollen wir noch bei Notre-Dame vorbeifahren, um dann unseren letzten Abend in Paris auf dem Montmartre ausklingen zu lassen. Notre-Dame wurde vor 5 Jahren durch ein Feuer schwer beschädigt und wird zur Zeit aufwändig wieder aufgebaut. Am Bauzaun, der die Baustelle umgibt, ist eine prima Dokumentation zu den einzelnen Handwerkern aufgebracht, die an dieser Aufgabe beteiligt sind. Im Dezember 2024 soll die Kathedrale wiedereröffnet werden, 5 Jahre nach dem Brand. Unglaublich, wenn man die großen Schäden sieht, die der Brand angerichtet hat und bedenkt, dass es fast 200 Jahre gedauert hat, das Bauwerk Mitte des 12. Jahrhunderts zu errichten.
Vor der Fahrt mit der Metro auf Montmartre haben wir noch Glück, in einem Restaurant, das bei TropAvisor auf Platz 1 liegt, ein freien Tisch in der Nähe vom Eingang zu bekommen. Das Ambiente ist klasse, das Essen gut aber am erstaunlichsten sind die vielen Polizisten, die nach und nach ins Restaurent kommen. Anfänglich dachten wir noch, die seien wegen eines Gastes hier, der Ärger gemacht oder mit einer falschen Kreditkarte gezahlt hat. Als aber sogar 6-8 Leute der spanischen Gardia Civil auftauchten, wurde und klar, dass dies das Stammlokal der französischen Polizei ist. So sicher haben wir noch nie gegessen.
Auf dem Montmartre kommen wir gerade rechtzeitig an, um die untergehende Sonne geniessen zu können. Die Basilika Sacré-Cœur schauen wir uns nur von aussen an, anschliessend schlendern wir weiter in das Viertel, in dem zahlreiche Strassenkünstler zahlungswillige Passanten portraitieren. Einige eher als Karikatur, andere sehr naturgetreu. Mikkel hat Lust, laßt sich aber vom Preis abschrecken. Als ein japanische Zeichner frei wird, und ich zur Kostenübernahme bereit bin (als Andenken an die Reise) setzt er sich willig hin.
Der Japaner legt sofort los, anfänglich mit ein paar Strichen und Kreisen, Mikkel sitzt geduldig und gespannt auf seinem Stuhl, und ich mache ein paar Bilder vom entstehenden Werk. Es dauert länger und länger und ich möchte mich eigentlich auch ein wenig hinsetzen. So zeiht es mich in ein benachbartes Café, wo ich mehr als Daseinsberechtigung ein Moktail bestelle. Neben mir sitzt ein junges Paar und als die norwegisch reden erwacht meine Neugierde und ich frage, wo sie herkommen. Nach kurzem Gespräch stellt sich heraus, dass es die Schwester von Lotte Miller ist, die heute morgen zusammen mit Solveig im norwegischen Triathlon-Team gestartet ist. Die Welt ist klein!
Der Zeichner neigt sich dem Ende seiner Arbeit zu und nachdem er fertig ist kommt Mikkel noch zu uns an den Tisch, bevor wir in Richtung Hotel aufbrechen, nicht ohne vorher noch auf den Treppen hinab in die Stadt den dort spielenden Straßenmusikern noch ein paar Minuten zuzuhöhren.
Zurück im Hotel geht es in die Federn, denn morgen ist die Ruhepause vorbei und wir machen uns auf den Rückweg von Paris nach Karlsruhe … per Tandem!